Die Herausforderungen der Reproduktionspolitik in den USA und Indien

Betrachten wir zwei bedeutsame nationale Wahlen durch die reproduktive Linse; Eine davon endete kürzlich im Sommer in Indien, die andere trat in eine neue und hoffnungsvollere Phase der im Winter stattfindenden Präsidentschaftswahlen in den USA ein.

The upcoming US presidential election and the recently concluded Indian national elections both feature a focus on reproduction in right-wing discourses. This highlights feminists' argument that all politics is reproductive politics.

Sowohl die bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen als auch die kürzlich abgeschlossenen nationalen Wahlen in Indien legen einen Schwerpunkt auf die Reproduktion in rechten Diskursen. Dies unterstreicht das Argument der Feministinnen, dass jede Politik reproduktive Politik sei.

In the US, Republican vice presidential nominee J.D. Vance labels childfree individuals as “the childless cat ladies,” while Indian Hindu nationalist Prime Minister Narendra Modi pillories the Muslim community in his speeches for their fecundity, marking them collectively as “zyadha bacche paida karne waale log (people who produce too many children)”. Both Vance and Modi focus on women’s reproductive bodies.

In den USA bezeichnet der republikanische Vizepräsidentschaftskandidat JD Vance kinderlose Menschen als „die kinderlosen Katzendamen“, während der indisch-hinduistische nationalistische Premierminister Narendra Modi in seinen Reden die muslimische Gemeinschaft wegen ihrer Fruchtbarkeit an den Pranger stellt und sie insgesamt als „zyadha bacche paya karne waale“ bezeichnet log (Menschen, die zu viele Kinder zeugen)“. Sowohl Vance als auch Modi konzentrieren sich auf den Fortpflanzungskörper von Frauen.

Despite their seemingly contradictory visions, pro-natalist Vance and anti-natalist Modi both draw from a shared political understanding of reproduction, population, and national wellbeing. In caricaturing both child-free choices and that of birthing more than one child, Vance and Modi pull from a politics of reproductive futurism whereby the absent child and too many children (of a particular sort) endanger their respective nations. Both men lean into competing anti-choice positions, as they mark Black, brown, and Muslim reproductive bodies as selfish, irresponsible, and anti-national

Trotz ihrer scheinbar widersprüchlichen Visionen stützen sich der Pro-Natalist Vance und der Anti-Natalist Modi beide auf ein gemeinsames politisches Verständnis von Reproduktion, Bevölkerung und nationalem Wohlergehen. Indem sie sowohl kinderfreie Entscheidungen als auch die Möglichkeit, mehr als ein Kind zur Welt zu bringen, karikieren, greifen Vance und Modi auf eine Politik des reproduktiven Futurismus zurück, bei der das Fehlen eines Kindes und zu viele Kinder (einer bestimmten Art) ihre jeweiligen Nationen gefährden. Beide Männer vertreten konkurrierende Anti-Wahl-Positionen, da sie schwarze, braune und muslimische Fortpflanzungskörper als egoistisch, verantwortungslos und antinational bezeichnen

For Vance, it is the feminist/queer reproductive subject who, in abandoning their procreative responsibilities towards the nation, demonstrate their lack of sustained, long-term investment and commitment to national wellbeing. For being reproductively derelict, Vance is proposing to disenfranchise these individuals and rewarding those with more children with additional votes. In refusing to produce future citizens for the nation, child free individuals automatically forfeit any legitimate claims to citizenship and hence, he is proposing they be denied their right to the ballot. On the flip side, those who have responsibly reproduced should be rewarded with more than one vote, voting on their children’s behalf. Citizen’s worthiness is unequivocally tied to their commitment to producing the next generation of Americans. In Vance’s national vision, reproductive choices qualify and disqualify American citizens to vote. His extrajudicial definitions impose reproductive worthiness as a litmus test for citizenship as he regards childfree women as “parasitic” freeloaders who, in refusing to reproduce, are not “productive” citizens.

Für Vance ist es das feministische/queere Fortpflanzungssubjekt, das, indem es seine reproduktive Verantwortung gegenüber der Nation aufgibt, seinen Mangel an nachhaltigen, langfristigen Investitionen und Engagement für das nationale Wohlergehen demonstriert. Da sie reproduktiv vernachlässigt sind, schlägt Vance vor, diesen Personen das Wahlrecht zu entziehen und diejenigen mit mehr Kindern mit zusätzlichen Stimmen zu belohnen. Durch die Weigerung, künftige Staatsbürger für die Nation hervorzubringen, verlieren kinderlose Personen automatisch jeglichen legitimen Anspruch auf die Staatsbürgerschaft, und daher schlägt er vor, ihnen das Wahlrecht zu verweigern. Auf der anderen Seite sollten diejenigen, die sich verantwortungsvoll fortpflanzten, mit mehr als einer Stimme belohnt werden, die im Namen ihrer Kinder abstimmt. Die Würdigkeit eines Bürgers hängt eindeutig mit seinem Engagement zusammen, die nächste Generation von Amerikanern hervorzubringen. In Vances nationaler Vision qualifizieren oder disqualifizieren reproduktive Entscheidungen amerikanische Bürger für das Wahlrecht. In seinen außergerichtlichen Definitionen wird die Fortpflanzungsfähigkeit als Lackmustest für die Staatsbürgerschaft auferlegt, da er kinderlose Frauen als „parasitäre“ Trittbrettfahrer betrachtet, die durch die Verweigerung der Fortpflanzung keine „produktiven“ Bürger sind.

While Vance’s attacks are aimed widely at child-free Americans, they are also laser focused on the Democratic nominee Vice-President Kamala Harris. Through his tortured logic, Vance seeks to ridicule her for both being a woman of colour and what he considers to be her reproductive unworthiness. In choosing to be child-free, Harris, he argues, should automatically be disqualified from the possibility of leading the nation and becoming the next commander-in-chief. Harris’ reproductive body is marked as nationally suspect even as she has two stepchildren from her marriage. What we are witnessing in the current moment is a conservative push-back against impressive feminist success in divorcing definitions of womanhood from biology. In the face of this feminist rewriting of gendered scripts, we are encountering a fierce resurrection of the idea of biological motherhood as the mark of “true” womanhood from various right wing constituencies.

Während sich Vances Angriffe weitgehend gegen kinderlose Amerikaner richten, richten sie sich auch gezielt gegen die demokratische Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Durch seine gequälte Logik versucht Vance, sie lächerlich zu machen, weil sie sowohl eine farbige Frau ist als auch weil sie seiner Ansicht nach reproduktiv unwürdig ist. Durch die Entscheidung, kinderlos zu bleiben, sollte Harris, so argumentiert er, automatisch von der Möglichkeit ausgeschlossen werden, die Nation zu führen und der nächste Oberbefehlshaber zu werden. Harris‘ Fortpflanzungskörper gilt als landesweit verdächtig, obwohl sie zwei Stiefkinder aus ihrer Ehe hat. Was wir derzeit erleben, ist ein konservativer Widerstand gegen den beeindruckenden feministischen Erfolg bei der Trennung der Definitionen von Weiblichkeit und Biologie. Angesichts dieser feministischen Umschreibung geschlechtsspezifischer Skripte erleben wir in verschiedenen rechten Wählergruppen ein heftiges Wiederaufleben der Idee der biologischen Mutterschaft als Zeichen „wahrer“ Weiblichkeit.

On a lighter note, Vance’s imagination is flawed by his overly masculine and anthropomorphic bias. This imagination is also bankrupt in its failure to recognise that not all child-free humans are singularly feline lovers and that many extend their affections to all sentient beings, including household canines, farm cattle, and/or botanical marvels. Nor are their families solely determined by bloodlines perpetuated through conjugal sex located strictly within monogamous heterosexual matrimony. They forge close and loving bonds with fellow humans and our young ones through exploratory familial and community partnerships. Therefore, what Vance fails to recognise is that child-free individuals can, and many are, deeply committed to kin-making that is expansively interspecies and planetary rather than being strictly tied to human children and man-made national borders.

Um es leichter zu sagen: Vances Vorstellungskraft wird durch seine übermäßig maskuline und anthropomorphe Voreingenommenheit beeinträchtigt. Diese Vorstellungswelt ist auch bankrott, weil sie nicht erkennt, dass nicht alle kinderlosen Menschen ausschließlich Katzenliebhaber sind und dass viele ihre Zuneigung auf alle Lebewesen ausdehnen, einschließlich Haushunde, Nutzvieh und/oder botanische Wunder. Ihre Familien werden auch nicht ausschließlich durch Blutlinien bestimmt, die durch ehelichen Sex aufrechterhalten werden und strikt im Rahmen der monogamen heterosexuellen Ehe angesiedelt sind. Durch forschende familiäre und gemeinschaftliche Partnerschaften knüpfen sie enge und liebevolle Bindungen zu Mitmenschen und unseren Kleinen. Was Vance daher nicht anerkennt, ist, dass kinderlose Individuen sich zutiefst für eine Verwandtschaftsbeziehung engagieren können, die weitgehend interspezies- und planetarisch ist und nicht strikt an menschliche Kinder und vom Menschen geschaffene nationale Grenzen gebunden ist.

Shifting our gaze to India, Modi is proposing the opposite argument of overly fecund Muslim reproductive bodies as nationally suspect. Muslim bodies in India are seen as differently derelict from childfree Americans. Historically, the trope of over-population has dogged elite public discourses and sensibilities about India since the early 20th century. Paul Ehrlich’s infamous doomsday book, The Population Bomb, which opens with a dehumanising description of Delhi streets, played an important role in generating alarm about hyper-fecundity and planetary destruction. Even as his was not a new argument, either for Indians or for the global community of eugenicists and neo-Malthusians, the hold of over-population as the principal, if not the singular cause of India’s “under-development,” has been impossible to shake off even in the face of declining national fertility rates across the board, including among the Muslim community.

Indem wir unseren Blick auf Indien richten, schlägt Modi das gegenteilige Argument vor, dass übermäßig fruchtbare muslimische Fortpflanzungsorgane landesweit verdächtig seien. Muslimische Körper werden in Indien als anders verwahrlost angesehen als kinderlose Amerikaner. Historisch gesehen hat das Bild der Überbevölkerung seit dem frühen 20. Jahrhundert die öffentlichen Diskurse und Sensibilitäten der Elite über Indien verfolgt. Paul Ehrlichs berüchtigtes Weltuntergangsbuch „The Population Bomb“, das mit einer entmenschlichenden Beschreibung der Straßen Delhis beginnt, spielte eine wichtige Rolle bei der Alarmierung über Hyperfruchtbarkeit und Zerstörung des Planeten. Auch wenn sein Argument weder für die Inder noch für die globale Gemeinschaft der Eugeniker und Neo-Malthusianer ein neues Argument war, war es unmöglich, die Überbevölkerung als Haupt-, wenn nicht sogar als einzige Ursache für Indiens „Unterentwicklung“ zu betrachten selbst angesichts sinkender nationaler Geburtenraten auf breiter Front, auch in der muslimischen Gemeinschaft, abzuschütteln.

Mapping the political trajectory of India’s reproductive history illuminates the workings of power across intersecting axes of gender, class, community, and caste. Within modern Indian history, a differential reproductive worth was assigned to subaltern subjects, carrying with it a special burden to prove loyalty to the nation

Die Kartierung des politischen Verlaufs der reproduktiven Geschichte Indiens beleuchtet die Funktionsweise der Macht über die sich überschneidenden Achsen von Geschlecht, Klasse, Gemeinschaft und Kaste hinweg. In der modernen indischen Geschichte wurde subalternen Untertanen ein unterschiedlicher Reproduktionswert zugeschrieben, was eine besondere Last mit sich brachte, Loyalität gegenüber der Nation zu beweisen